Ökosystem Wald

Der Weg durch ein Waldstück in Richtung Viehweide Der Wanderweg berührt den Wald am unteren Ende der Viehweide. Hier zeigt sich uns ein Buchen-Eichen-Mischwald, wie ihn ähnlich auch die Natur nach den Eiszeiten ohne Einwirkung des Menschen in unserer Region hervorgebracht hat. Heckenstreifen und Amorsbach vernetzen Wald und Wiesenlandschaft.
Auf dem Wanderweg sind bereits die Begriffe Lebensraum und Lebensgemeinschaft aufgetaucht. Der Wald ist das letzte größere System naturnaher Lebensabläufe, das uns geblieben ist, ein Ökosystem.
Nach einer kurzen Klärung dieser Begriffe sei hier etwas ausführlicher auf die Geschichte des Waldes eingegangen, um schließlich die Nutz- und Schutzfunktionen des Waldes für uns heute aufzuzeigen.

Der Wald ist Lebensraum
Ökologen zählen nicht nur Pflanzen und Tiere zum Wald, sondern auch Luft, Boden, Regen, Schnee, Sonne, Sturm und Feuer. Diese unbelebten oder abiotischen Faktoren bilden den Lebensraum (Biotop) Wald.

Alle im Wald lebenden Pflanzen und Tiere bilden eine Lebensgemeinschaft. Die Pflanzen sind die Produzenten der Biomasse, von denen die Konsumenten leben. In dieser Lebensgemeinschaft herrscht ein Kampf aller gegen alle. Der Wald ist also mehr als eine Menge Bäume. Er ist ein lebendiges System und jedes Teil darin hat seine besondere Funktion.

Der Wald ist ein Ökosystem
Der Wald ist ein räumliches Ordnungsgefüge, das einen klaren Stockwerksaufbau erkennen läßt. Er ist auch ein zeitliches Ordnungsgefüge. Zu jeder Tages- und Jahreszeit herrschen andere Bedingungen und sind andere Lebewesen aktiv. In erster Linie jedoch ist der Wald ein Wirkungsgefüge. Jedes Individuum ist mit vielen anderen und mit den abiotischen Umweltfaktoren in vielfältiger Weise verbunden: Durch gegenseitige Beschattung oder zeitliche Ablösung, durch Nahrungsbeziehungen, Feindschaft, Konkurrenz und Anpassung. Dieses Wirkungsgefüge der Glieder einer Lebensgemeinschaft untereinander und mit ihrem Lebensraum ist ein Ökosystem.

Die geschichtliche Entwicklung des Waldes
Vor rund 400 Mio. Jahren entwickelten sich aus Wasserpflanzen die ersten, sich selbst tragenden Landpflanzen. Bis daraus die ersten Bäume entstanden, dauerte es noch einmal etwa 100 Mio. Jahre. Erst im Karbon, ,der Steinkohlezeit, bildeten Bärlapp-, Farn- und Schachtelhalmbäume riesige Wälder in einem für das Pflanzenwachstum günstigen feuchten, tropischen Klima. Die Steinkohlezeit war die Zeit der Speicherung des damals im Überfluß vorkommenden freien Kohlenstoffdioxids in Pflanzen, deren Umwandlungsprodukte wir heute verfeuern und damit wieder freisetzen. Die Vorgänger unserer heutigen Nadelbäume entstanden vor etwa 270 Mio. Jahren im Perm. Lange Zeit beherrschten sie das Landschaftsbild. Vor rund 100 Mio. Jahren entwickelten sich erst die Laubbäume und wurden zum vorherrschenden Wald.
Vor einer Mio. Jahren zeigte sich bei uns in Mitteleuropa noch eine sehr artenreiche Waldflora, wie man sie etwa von Nordamerika kennt. Dann begann sich das Klima stark abzukühlen. Die Eiszeiten verdrängten jeweils den Wald nördlich der Alpen. Dieses Hochgebirge verhinderte aber als riesige Barriere ein Ausweichen der heimischen Baumarten in die mildere Mittelmeerregion, so daß viele Arten ausstarben. Auch die Rückwanderung von übriggebliebenen Pflanzen war durch die Alpen erschwert. Als Folge haben wir heute ein wesentlich artenärmeres Waldbild als vor den Eiszeiten. In die waldlose, tundrenartige Flora wanderten zunächst Birken und Kiefern mit Hilfe ihrer leichten Flugfrüchte als Pioniere ein. Mit zunehmender Temperatur kamen Haselstrauch und Eiche dazu, später Linde , Ulme und Esche. Als es ca. 2.000 v. Chr. wieder kälter wurde, begann mit dem Zurückweichen der Eiche der Siegeszug der robusten Buche. Sie prägte die dunklen Wälder Germaniens, die der Römer Tacitus als "unheimlich" beschrieb.
Über viele Jahrhunderte waren unsere Vorfahren damit beschäftigt, den Wald zuückzudrängen. Siedlungen, Acker- und Wiesenland, Straßen usw. traten an seine Stelle. Gleichzeitig war der Wald im Mittelalter immer auch Nährwald. Pech und Harz, Bast, Honig und Wachs, die Früchte und das Laub der Bäume, Gras und Kräuter erweiterten dem Bauer seine Existenzgrundlage.
Hauptnutzung fand und findet das Holz als Bau- und Brennstoff. Um 1500 gelangte man zur Einsicht, daß man ein Natursystem nicht ausbeuten darf, wenn man es nutzen will. Der Dreißigjährige Krieg und sein Not führten bald wieder zum Raubbau im Wald. Für die absolutistischen Fürsten war er die Kulisse ihrer Jagdlust. Das gehegte Wild hielt den jungen Laubaufwuchs knapp. Folge: Waldbesitzer und Förster entdeckten die Vorzüge des Nadelwaldes.
Salinen und ihr Siedholzbedarf verschlangen ganze Laubwälder, der holländische Schiffsbau räumte noch größere Areale aus. Auch Bergbau und Glashütten bedienten sich. Ersatz war meist Nadelwald. Allerdings waren die anspruchslosen Pionier-Baumarten Kiefer und Fichte in manchen Regionen die letzte Rettung der inzwischen geregelten Forstwirtschaft, die angerichteten Schäden des Raubbaus wiedergutzumachen.
Bis zu den uns allen bekannten Winterstürmen hatte der Nadelwald 66% der Gesamtwaldfläche erobert. Seither hat sich ein Erkenntniswandel vollzogen; der Laubwald gewinnt wieder Raum. Er liefert wohl nicht so schnell den Rohstoff Holz, aber das wertvollere, und er ist sturmfester und als Lebensraum und Ökosystem viel interessanter und wertvoller.

Was leistet der Wald für die Allgemeinheit?
Die Leistungen des Waldes lassen sich gliedern in Nutz-, Erholungs- und Schutzfunktionen.
Nutzfunktionen
Wald liefert Holz, den umweltfreundlichen Rohstoff für die holzbe- und holzverarbeitende Industrie. Nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit darf nie mehr Holz entnommen werden als gleichzeitig nachwachsen kann. Daneben ist der Wald Arbeitsplatz und Einkommensquelle für den Waldbesitzer und die in Wald, Holz- und Forstwirtschaft Beschäftigten.
Erholungsfunktionen
Mit wachsender Freizeit, steigendem Lebensstandard, größerer Mobilität und steigendem Streß sind die Erholungsansprüche an den Wald ständig gewachsen. Die kühle, sauerstoffreiche und staubfreie Luft, Ruhe und die Natur mit ihren harmonisch grünen Farben laden ein zum Spaziergang, zur Besinnung und Beobachtung. Moderner Freizeitsport sollte allerdings nicht die letzten Waldwinkel erobern.

Schutzfunktionen
Wald als Wasserspeicher
Der Wald saugt mit seinen Moosen, Pilzen und durstigen Wurzeln auch starke Regengüsse wie ein Schwamm auf, filtert das Wasser und gibt es langsam an Quellen und Grundwasser weiter.
Wald schützt die Böden
Bedingt durch die Wasserhaltefähigkeit des Waldbodens bewahrt er die Landschaft vor Bodenabtrag durch rasch abfließendes Oberflächenwasser. An Steilhängen ist das weitverzweigte Wurzelnetz der beste Schutz vor Erdrutsch, und Wälder sind der beste Lawinenschutz.
Wald als lokaler Klimaregulator
Durch Temperaturunterschiede zwischen Stadt und Wald kommt es zu einem ständigem Luftaustausch. Während die aufgeheizte Luft über der Stadt aufsteigt, zieht sie kühlere, gleichzeitig sauerstoffreiche, gefilterte und feuchtere Luftmassen aus dem Wald in die Stadt.
Wald als weltweiter Klimaregulator
Der Wald bindet in seiner Biomasse unvergleichlich viel Kohlenstoffdioxid, das den Treibhauseffekt auf der Erde vorantreibt. Bei der Fotosynthese entziehen die grünen Pflanzen der Luft dieses Gas, setzen den Sauerstoff daraus frei und bauen den Kohlenstoff in ihre Substanz ein.